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Sonnabend, der 8. Februar
Früh ins Bett, früh wieder raus... Das Nachtlager ist, äh, rustikal - je sechs Betten ohne Zwischenraum nebeneinander, in
zwei Etagen. Aber das tut der Stimmung keinen Abbruch, und für gehobene Komfortansprüche hält das Bahnhofsrestaurant Alp Grüm ja noch Zimmer mit fließend Wasser (aus dem Hahn!) bereit. Es gibt
auch eine Dusche mit wirklich heißem Wasser, allerdings kostet das 5 Franken.
Das Wecken wird beschleunigt,weil ein Geräusch draußen eine herannahende Schneeschleuder ankündigt (mit Diesel, aber
unüberhörbar). Ralf ist als Einziger draußen, aber seine Digitalkamera mag die Kälte nicht :-((. Aber später wird die Schneeschleudergarnitur zurückkommen, dann gibts noch reichlich Fotogelegenheit.
8.13 Uhr gehts hinunter nach Tirano,wir wollen noch weiter an den Comer See nach Lecco. DieTalfahrt bei Schnee und Sonne ist atemberaubend, der Zug kommt ins Wanken, weil alle immer zur
Fotoseite stürzen. Wahrscheinlich haben die Fahrzeuge an der Berninabahn aber verstärkte Federungen ...
In Poschiavo steht allerhand interessantes Rollmaterial, in
Brusio natürlich der Kreisviadukt, der wieder die Federung des Wagens beansprucht. Dafür ist der Schnee merklich weniger geworden, allmählich bekommen wir eine Ahnung vom Frühling.
In Tirano ist die Zeit für den Umstieg knapp, der Zöllner ist zwar beeindruckend uniformiert, jedoch gnädig mit uns und hält sich nur mit dem amerikanischen Pass eines Mitreisenden
ein wenig länger auf. Dank Petras Italienischkenntnissen erstehen wir in den verbleibenden 5 Minuten sogar noch einen Gruppenfahrschein und entern den bereitstehenden Triebwagen ALe
803 nach Sondrio, von wo wir einen gleichartigen Zug nach Lecco nahmen. In Sondrio gab es jede Menge historisches Rollmaterial (nur im Vorbeifahren zu sehen); in Colico sollte gerüchteweise
eine straßenbahnähnliche Nebenbahn nach Chiavenna fahren, aber in Wirklichkeit war das auch nur eine gewöhnliche Normalspurlinie. Ebenfalls in Colico sahen wir eine OHE-Diesellok und jede Menge
interessantes Bahnbau-Rollmaterial.
Mit nur 20 Minuten Verspätung, deren Zustandekommen uns nicht erklärbar scheint, erreichen wir unser Ziel am Comer See, wo wir
bei frühlingshaftem Wetter am Seeufer zum Mittagessen zusammensitzen können.
Lecco hat ein umfangreiches Stadtbussystem, mit Haltestellen, an denen ein elektronisches Terminal ermöglicht, Busse oder die
Feuerwehr zu rufen, und ist auch ansonsten sehr malerisch, obwohl in der Mittagspause alles geschlossen ist.
Wir konnten dann noch einen Feuerwehreinsatz miterleben (mit
Blaulicht und Tatütata zum Kiosk vor dem Bahnhof, der von einem Lkw gerammt wurde).
Und schließlich trifft unser Diretto aus Milano (nach Tirano ohne
Umsteigen) ein, ein 8-Wagen-Wendezug geschoben von einer E633, bestehend aus einem APR-Steuerwagen mit Niederflurmittelteil, vielen MDVC-Wagen (mit zwei Mitteleinstiegräumen; teils anno 2000
modernisiert mit merkwürdig geformten, plüschigen Sitzen und der dort üblichen Op-Art-Stirnwandgestaltung) und einem MDVE (mit Endeinstiegen); komplettt im XMPR-Design und wie in Italien
üblich teils mit Graffiti. In einem Wagen, der bis Lecco von einer Gruppe reserviert war, finden wir dann ab Lecco auch alle Platz und genießen dann die Heimfahrt am Lago di Como.
In Tirano kommen wir sogar pünktlich an und haben noch Gelegenheit, die dort ausgestellte Dampflok kurz zu bewundern, bis wir den aus zwei Triebwagen bestehenden Zug nach Poschiavo
besteigen. Die Reise im ABe 4/4 III ist recht angenehm und von elektronischen Klängen begleitet.
In dem von einer Fernsehdokumentation der Berninabahn allgemein
bekannten Städtchen Poschiavo haben wir ein wenig Zeit; manche trinken im sehr rustikalen Bahnhofsbuffet Kaffee, andere machen einen Stadtrundgang in der Abenddämmerung, ein Teil der Gruppe
lässt den mit dem Zugleitbetrieb beschäftigten Fahrdienstleiter hinter der großen Scheibe nicht aus den Augen, was diesem offenbar nicht unbedingt so angenehm ist.
Schließlich kommt unser Zug nach Alp Grüm (und weiter nach St. Moritz), bestehend aus einem ABe 4/4 III und einem ABe 4/4 II; der vordere Triebwagen wird abgekuppelt und ein baugleicher
darangekuppelt, in dem wir bequem Platz funden, auch wenn es nicht zulässig ist, in einem mit Fahrgästen besetzten Wagen das Licht auszuschalten.
Und so kommen wir dann im Dunkeln wieder nach Alp Grüm, wo das Abendessen auf uns wartet: in Form von Pizzoccheri, der lokalen Spezialität, die uns schon am Vortag in der RhB Hauptwerkstätte
empfohlen worden war. EinTeil der Empfehlung war auch, dass diese Spezialität nur mit einer ausreichenden Menge örtlichen Weines auch für den Magen bekömmlich sei, und deshalb muss dieser
Reisebericht jetzt auch hier enden.
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